Werbeplakat der Stadt zur Lärmbelästigungs-Kampagne
Werbeplakat der Stadt zur Lärmbelästigungskampagne

Ordnungsamt-Hotline schießt vollkommen über das Ziel hinaus – Anstiftung zum Denunzieren

(Dresden, 27.01.2020) Laut Medienberichten am heutigen Mittwoch bewirbt die Stadtverwaltung eine Ordnungsamts-Hotline, bei der Bürgerinnen und Bürger Verstöße gegen Ordnung und Sicherheit in Dresden melden können. Der zuständige Bürgermeister für Ordnung und Sicherheit, Detlef Sittel, bezeichnet die Hotline als "wichtige städtische Dienstleistung". Auf dem Plakat ist groß das Wort "Lärm?" zu sehen.

Dazu erklärt Holger Zastrow, FDP-Fraktionsvorsitzender im Dresdner Stadtrat:

"Mit großem Befremden nehme ich eine solche Aktion der Stadtverwaltung zu Kenntnis. Mitten im Lockdown, mitten in der großen Stille, mitten in der Ausgangssperre und mitten in einer Zeit, in der das gesellschaftliche und kulturelle Lebens völlig darniederliegt, startet die Stadt eine Kampagne gegen Lärmbelästigung. Mitten in einer Zeit, wo Hoffnungen und Existenzen vernichtet werden, Zukunftsängste und Unsicherheit dominieren und allerorts von Zusammenhalt und Solidarität gesprochen wird, fordert der Ordnungsbürgermeister die Dresdner auf, sich gegenseitig auf die Finger zu schauen und vermeintliche Vergehen zu melden. Unsensibler und unpassender kann man nicht agieren. Dieses offene Anstiften zum Denunzieren sorgt nicht für einen besseren Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft, sondern befördert Misstrauen und Missgunst. Es erinnert entsetzlich an die Blockwartmentalität vergangener Zeiten. Die Initiative der Verwaltung schießt deutlich über das Vertretbare hinaus.

Zastrow kündigte an, die Kampagne zum Thema im Stadtrat zu machen sowie Sinn, Motivation und Kosten zu hinterfragen. "Wie oft lag nach den bisherigen und während der Corona-Zeit erheblich angestiegenen Anzeigen über die Hotline tatsächlich ein Vergehen vor? Sich auf das Rechtsgefühl und das Ordnungsempfinden der Bürger zu verlassen, ist riskant. Denn aus Erfahrung weiß man, dass viele, zumeist unter dem Schutz der Anonymität erstattete Anzeigen, sich am Ende als wenig tragfähig erweisen. Damit offenbart das Ordnungsamt erhebliche Vollzugsdefizite. Denn in einem Rechtsstaat ist es Aufgabe der zuständigen Behörden, die Einhaltung von Recht und Ordnung zu gewährleisten."