Zastrow: "Schlichterspruch im Bürgermeisterstreit bleibt hinter selbstgesteckten Zielen und Anforderungen einer modernen Stadtverwaltung weit zurück"

(Dresden, 17.01.2023) Am Montagabend gab es den sogenannten Schlichterspruch der Moderatoren im Bürgermeisterstreit. Holger Zastrow, Fraktionsvorsitzender der FDP im Dresdner Stadtrat nimmt dazu wie folgt Stellung:

"Als FDP-Fraktion lehnen wir den sogenannten Schlichterspruch und die Ergebnisse des Moderationsverfahrens ab. Sie erfüllen in keiner Weise unsere Erwartungen und bleiben hinter den selbstgesteckten Zielen und den Anforderungen einer modernen Stadtverwaltung weit zurück. Die Chance auf einen strukturellen und personellen Neuanfang in der Stadtspitze wurde vertan. Die Chance, die längst überfällige Modernisierung der Verwaltung voranzutreiben und die Strukturen auf die Höhe der Zeit zu bringe, bleibt ungenutzt. Stattdessen erleben wir das Absichern von Posten und Personen. Es geht um Besitzstände und Pfründe von Grünen, CDU und Linken anstatt um das Wohl der Stadt und die Suche nach den besten Personen für unsere Stadtspitze. Es ist fatal, wenn jetzt drei Fraktionen, von den keine wirklich groß ist und keine für sich in Anspruch nehmen kann, für eine Mehrheit zu sprechen, mit der geringstmöglichen Stadtratsmehrheit versuchen werden, die Stadt unter sich aufzuteilen. Abgesehen davon, dass somit auch der nächste Wahlversuch hochriskant ist und scheitern kann, ist es unklug, die Bürgermeister mit einem so wackeligen Fundament auszustatten. Das schmerzt umso mehr, da es viele Optionen für das Bilden breiterer Mehrheiten gab. Dieser Versuch wurde jedoch von Grünen, CDU und Linken und auch von den Moderatoren zu keinem Zeitpunkt unternommen. Im Nachhinein drängt sich der Eindruck auf, dass das Ergebnis von vornherein feststand. Der von den beiden Moderatoren vollmundig verkündete Neustart für eine neue Kultur der Zusammenarbeit im Stadtrat ist gescheitert.

Auch im Detail wirft das Ergebnis Fragen auf. Wieso ausgerechnet die Wahlverliererin Eva Jähnigen, die nicht nur vom Oberbürgermeister zurecht immer wieder für ihre schlechte Leistungsbilanz als Umweltbürgermeisterin getadelt wurde, jetzt zur großen Gewinnerin des Postenschachers wird, versteht kein Mensch. Mit der zusätzlichen Übertragung des Ordnungs- und des Rechtsamtes sowie des Klimastabes erhält die Grüne jetzt einen noch größeren Instrumentenkasten, um Dinge aufzuhalten, zu blockieren und zu verlangsamen, so wie es selbst bei grünen Herzensthemen in den letzten Jahren immer wieder passiert ist. Dass die CDU ihren Markenkern Ordnung und Sicherheit aufgibt und bereitwillig in die Hände der grünen Verbotspartei legt, ist genauso zu hinterfragen, wie die Frage, wieso ausgerechnet ein funktionierender Geschäftsbereich Ordnung und Sicherheit zerschlagen wird, während man kränkelnde Bereiche wie die von Frau Jähnigen und Frau Klepsch sogar noch aufwertet. Dass das Thema Fachkräfteentwicklung als Teil des neu geschaffenen Bereiches Wissenschaft ausgerechnet bei der Kultur angesiedelt wird und nicht im Geschäftsbereich Wirtschaft versteht kein Mensch und ist nicht sachgerecht. Auch bestand zudem eigentlich Konsens darüber, dass der Bereich Tourismus aus seinem stiefmütterlichen Dasein bei der Kultur befreit und zur Wirtschaft wechseln sollte. Dass der Mut fehlte, den völlig überlasteten Geschäftsbereich Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften zu teilen und die Prozesse somit zu beschleunigen, soll auch erwähnt werden. Anstatt Geschäftsbereiche konsequent neu zu ordnen und Aufgaben klar zu definieren, wirkt vieles bunt zusammengewürfelt. Am meisten wird das im neuen Geschäftsbereich Wirtschaft, Digitales, Sicherheit und Personal deutlich, der noch nicht einmal alle Wirtschaftsthemen bei sich vereinigt. Abstimmungsverluste und Kompetenzrangeleien zwischen den Ressorts, wie sie die Arbeit zum Schaden von Bürgern und Investoren bereits seit Jahren lähmen, werden weiter zunehmen.

Der Vorschlag der Moderatoren erschwert die Arbeit der Stadtverwaltung. Dass die CDU das alles mitmacht, ist erstaunlich. Sie setzt ohne Scham, Scheu und Vorbehalte auf ein Bündnis mit den Linken, obwohl anderes möglich war. Sie opfert ihren Markenkern und sie verhilft linksgrüner Politik erneut zur Mehrheit. Ohne die Union würde es die vielen grünen und linken Weichenstellungen in dieser Stadt nicht geben. Erst durch das Verhalten der CDU wird das möglich, was die Union in Wahlkämpfen dann selbst immer wieder geißelt.

Im Ergebnis muss man feststellen, dass bei dem Prozess Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklaffen. Anstatt das vielbeschworene weiße Blatt Papier auf den Tisch zu legen, ging es nur darum, mit Hilfe der Linken die Pfründe von Grünen und CDU zu sichern. Die Moderatoren schafften es nicht, ihre Biografien als Berufspolitiker und ihre persönlichen Parteipräferenzen abzulegen, sondern beschränkten ihre Rolle leider nur darauf, das politische Theater ihrer eigenen Parteien zu legitimieren. Einzig positiv zu nennen ist die von der FDP immer wieder geforderte und im Stadtrat bereits beantragte Reduzierung auf sechs Bürgermeister. Das hätte man aber auch ohne eine mehrmonatige Hängepartie früher haben können."